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Beim Zahlungsabwickler Wirecard kommen immer mehr Ungereimtheiten ans Licht. Die Finanzaufsicht Bafin hat Ex-Vorstand Markus Braun wegen Verdachts auf Insiderhandel angezeigt. Konkret geht es um Aktienverkäufe seiner MB Beteiligungsgesellschaft. Diese hatte am 24. Juni Aktien im Wert von 6,6 Millionen Euro verkauft - einen Tag bevor Wirecard Insolvenz anmeldete und die Aktie endgültig Ramschwert erreichte. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt bereits wegen Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Betrug gegen Braun und andere.
Für Anleger stellt sich unterdessen die Frage, ob und gegen wen Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können. Infrage kommen in erster Linie der Vorstand, der Wirtschaftsprüfer EY und die Bafin. Beim Unternehmen selbst ist wenig zu holen: Wirecard hat Insolvenz angemeldet. Den milliardenschweren Verbindlichkeiten stehen einige Hundert Millionen an Werten gegenüber. Der Vorstand beteuert seine Unschuld und ist nur dann persönlich haftbar, wenn Fahrlässigkeit oder Beteiligung an der Bilanzfälschung nachgewiesen werden kann.
Anlegeranwälte haben daher zwei andere Gruppen ins Visier genommen: die Bafin und das Wirtschaftsprüfungsunternehmen EY. Doch hier gibt es noch viel Klärungsbedarf: EY ist, sofern Fahrlässigkeit vorliegt, nur bis zur gesetzlichen Obergrenze von vier Millionen Euro haftbar. Bei der Bafin stellt sich die grundsätzliche Frage, wie sie als Behörde überhaupt haften kann. Die Behörde gerät dabei immer stärker in die Schusslinie. Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA und der Bundesrechnungshof haben eine Prüfung der Bafin im Wirecard-Skandal angekündigt. "Wir untersuchen, warum die Bafin Anhaltspunkte nicht aufgegriffen hat", sagte Rechnungshof-Chef Kay Scheller dem "Spiegel".
Für geschädigte Anleger bedeutet dies, fürs Erste ruhig zu bleiben. "Es gibt kein Windhunderennen", sagt Marc Tüngler von der Aktionärsvereinigung DSW. Für eine Entschädigung sei nicht ausschlaggebend, wer zuerst einen Anwalt mandatiert. Mögliche Ansprüche gegen Wirecard verjähren erst in drei Jahren. Zuerst sollte geklärt werden, ob der Rechtsweg der einzige - und beste - Weg ist, um Schadenersatz zu erhalten. Der Themenkomplex EY und Bafin muss grundlegend, auch politisch, aufgearbeitet werden. In der politischen Arena ist es vor allem wichtig, eine große Zahl von Anlegern zu mobilisieren. Im Idealfall, so Tüngler, geschieht dies in Abstimmung mit europäischen Aktionärsvereinigungen, um möglichst großen Druck aufzubauen. Erst am Ende dieses Vorgangs stehen dann Sammelklagen. Davor lohnt es sich kaum, sich einer Klage anzuschließen. mt
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Bildquellen: Pavel Kapysh / Shutterstock.com, Wirecard
July 18, 2020 at 01:00PM
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