Wohl keine Heldin war besser geeignet, das Kino wiederzubeleben, als diese Superheldin mit ihrer unbändigen Dynamik und ihrem trockenen Witz. Fast 159 Millionen Dollar spielte der Film »Black Widow« mit Scarlett Johansson in der Titelrolle seit dem vergangenen Donnerstag weltweit an den Kinokassen ein. Es ist das mit Abstand beste Startergebnis eines Hollywood-Films seit Beginn der Pandemie. In Deutschland kamen in den ersten Tagen knapp über 200.000 Zuschauer. Es hätten allerdings deutlich mehr sein können.
Nicht wenige deutsche Filmtheater weigerten sich, »Black Widow« zu spielen. Seit Jahren erlegt Disney, Mutterkonzern der Marvel Studios, den Kinos harte Konditionen auf. Es kommt hinzu, dass er viele seiner Filme in diesem Jahr zeitgleich auf seinem Streamer Disney+ herausbringt, so auch »Black Widow«. Die Filmtheater verteidigen mit großer Vehemenz eine Regelung, die ihnen für einige Zeit eine exklusive Auswertung garantiert.
Ordentliche Zahlen trotz Boykott
Der Verzicht auf »Black Widow« ist in Pandemie-Zeiten eine heikle Entscheidung. Die Zahlen aus China, wo sich der Spielbetrieb schon lange normalisiert hat, und den USA zeigen, wie wichtig Blockbuster für den Restart des Kinos sind. Dennoch kamen am vergangenen Wochenende über eine Million Zuschauer in die deutschen Filmtheater, dies ist zwar deutlich weniger als in der Zeit vor Corona, aber das beste Wochenende seit dem Frühjahr 2020, wie das Branchenmagazin »Blickpunkt Film« vermeldet.
Filmfans im Berliner Kino International: Trotz Hygieneregeln kommen die Zuschauer wieder
Foto: Paul Zinken / picture alliance / dpaAngesichts der Tatsache, dass ein Restart mitten im Sommer und während der Fußball-EM ein doppeltes Handicap war, sind die Zahlen recht ermutigend. Rund drei Viertel aller deutschen Kinos haben mittlerweile wieder geöffnet, die Ergebnisse sind regional sehr unterschiedlich. Vor allem die Testpflicht, die es in einigen Bundesländern noch gibt, in anderen aber nicht mehr, erweist sich offenbar als Hemmnis.
Der Monsterfilm »Godzilla vs. Kong«, der in Deutschland seit Anfang Juli exklusiv im Kino läuft und seit seinem weltweiten Start im März bereits 460 Millionen Dollar eingespielt hat, fand am vorvergangenen Wochenende rund 136.000 Zuschauer, ein eher enttäuschendes Resultat. Es zeigt sich, dass »Black Widow«, der bereits im Frühjahr 2020 anlaufen sollte, von den Zuschauern sehnlicher erwartet wurde. Doch wie viele von ihnen haben den Film tatsächlich auf der heimischen Couch gesehen statt im Kinosaal?
Disney hat nun erstmals bekanntgegeben, wie viel Geld der Streamer mit einem Film in den ersten Tagen eingenommen hat: 60 Millionen Dollar kamen bei »Black Widow« zusammen. Abonnenten von Disney+ können sich ihn für Zusatzgebühren ansehen. Der Vorteil für Disney: Dieses Geld muss der Konzern nicht mit den Kinos teilen. Andererseits rechnen Branchenanalysten gerade aus, wie viele Kinozuschauer und Gesamteinahmen das gleichzeitige Streaming-Angebot kosten könnte. Die Einbußen könnten enorm sein.
Das Kinogeschäft ist immer noch ziemlich lukrativ
So oder so zeigt sich, dass man mit dem Kino immer noch eine Menge Geld verdienen kann – und trotz weiterhin bestehender Hygieneregeln gar nicht so viel weniger als vor der Pandemie. Ein Branchenexperte hatte geschätzt, dass der Horrorfilm »A Quiet Place 2«, der eigentlich im März 2020 anlaufen sollte, aber wegen der Pandemie verschoben wurde, in den USA 170 bis 200 Millionen Dollar einspielen würde. Am Ende kam das Sequel erst im Mai dieses Jahres ins Kino und liegt jetzt bei 150 Millionen Dollar.
In Deutschland zeigt sich aber auch, dass ein Überangebot mit rund 40 Kinostarts in nur zwei Wochen zu einem brutalen Verdrängungswettbewerb führt. Viele Filme, die seit Anfang des Monats laufen, bleiben auf der Strecke, selbst eine 60-Millionen-Dollar-Produktion wie »Monster Hunter« verbuchte am ersten Wochenende nur kümmerliche 17.000 Zuschauer. Der Filmstau führt, wie befürchtet wurde, zu einer Kannibalisierung. Schafft es das Kino, die Kräfte zu bündeln, kann es zurück zu alter Stärke finden.
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