
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat eine positive Wirkung des beim EU-Gipfel beschlossenen Wiederaufbaufonds und Finanzrahmens bis 2027 auf die Wirtschaft in Deutschland festgestellt, Details der Vereinbarungen aber kritisiert. "Die beschlossenen Corona-Hilfen senden ein starkes Signal in die Welt und kommen besonders der Industrie zugute", erklärte der Leiter des IW-Kompetenzfelds Internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur, Jürgen Matthes. Doch hätten die langen Verhandlungen deutliche Spuren hinterlassen. "Einige Kompromisse sind kaum zielführend und äußerst fragwürdig", monierte er.
Ganz unabhängig von der genauen Ausgestaltung sende die Einigung ein unmissverständliches Bild in die Welt: Europa stehe zusammen und sei handlungsfähig, trotz sehr unterschiedlicher Positionen. "Das schafft wichtiges Vertrauen in Zeiten der Krise und stabilisiert die Märkte", konstatierte Matthes. Die Botschaft werde gerade der exportorientierten deutschen Industrie zugutekommen, denn wirtschaftlich starke Nachbarn kauften mehr ein. Dass vor allem die von der Pandemie stark betroffenen südeuropäischen Staaten nun kräftig unterstützt würden, sei ebenfalls ein Erfolg.
Ein echtes Veto bei der Mittelvergabe, wie es die Niederlande gefordert hatten, werde es aber nicht geben, und die Rechtsstaatlichkeitskriterien, an die Auszahlungen geknüpft werden sollen, seien im Gegensatz zur Ursprungsfassung so vage, "dass sie kaum Wirkung erzielen werden". Ungarn und Polen hätten sich damit weitgehend durchgesetzt. Auch andere Kompromisse seien "schwammig und fragwürdig". Zum Beispiel sei unklar, wie die Schulden später zurückgezahlt würden. "Es droht die Gefahr, dass neue Schulden aufgenommen werden, um die alten zu tilgen", warnte Matthes.
Zudem hätten rund 70 Prozent der Auszahlungen nichts mit der Pandemie zu tun, weil sie nach Kriterien der Jahre 2016 bis 2019 vergeben würden. Stünden nun so viel mehr Mittel für die nächsten drei Jahre zur Verfügung, hätte man stärker auf die Zukunft Europas setzen müssen und nicht auf die Vergangenheit, monierte Matthes. Die Agrarförderung bleibe bis 2027 viel zu hoch, während Gelder für Forschung, Infrastruktur und Grenzschutz viel zu gering seien. "Das ist eine vertane Chance."
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July 22, 2020 05:03 ET (09:03 GMT)
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